Sonntag, 11. September 2016

Daddy allein zu Haus

Viele Familien mit Kindern leben wahrscheinlich nach folgendem Muster: Mutter ist zu Hause, Kind ist zu Hause, Vater geht arbeiten. Mutter passt auf das Kind auf, Kind beschäftigt Mutter. Vater kommt nach Hause und genießt die kurze Zeit nach Feierabend, bis das Kind ins Bett muss.

Dadurch bleibt, was völlig logisch ist, quantitativ ein Großteil der Erziehung an der Mutter hängen. Einige Väter lassen sich dadurch - ob bewusst oder unbewusst - in eine Rolle drängen, in der sie insgesamt gesehen einfach nicht so nah im Kind dran sind, wie die Mutter.
So konnte ich in den letzten Jahren immer mal wieder beobachten, wie Väter der alleinigen Kinderbetreuung manchmal recht hilflos gegenüberstehen. Plötzlich ist da kein Mutterinstinkt mehr in der Nähe, der direkt über die Befindlichkeiten des (Klein-)Kindes informiert. Plötzlich kann der Nachwuchs bei flehentlichen Mama-Rufen auch nicht mehr zur Mama auf den Arm. Denn Mama ist nicht da. Sie ist wahlweise arbeiten, shoppen, feiern, Sport machen, Termine erledigen, Freundinnen treffen, etc. Oder sie will einfach mal ein paar Stunden für sich. Also muss Daddy sehen, wie es weiter geht.

Ich persönlich behaupte von mir, dass ich keine Berührungsängste habe, was die alleinige Betreuung unserer Tochter angeht. Klar, kurz nach der Geburt hat mir die milchfördernde Mutterbrust gefehlt. Somit war ich da natürlich auf meine Frau angewiesen. Aber nach dem Abstillen war es mich nicht nur das selbstverständlichste auf der Welt, sondern auch völlig normal, mich auch mal einen ganzen Tag alleine um unsere Tochter zu kümmern.

Was hat es nur?

Eine kleine Geschichte aus unserem weiteren Bekanntenkreis:
Das Kind ist relativ frisch geschlüpft, und war einige Tage nach der Geburt das erste mal für einen Abend mit seinem Papa (es ist sein erstes Kind) alleine zu Haus. Die ersten Minuten laufen wie am Schnürchen: Das Kind liegt ruhig da und es scheint ihm gut zu gehen. Doch dann, aus heiterem Himmel, ein ohrenbetäubendes Gebrüll. Was hat es? Warum schreit es so? Das fragt sich dieser Papa auch. Und findet einfach keine Lösung. Nach einer Stunde verzweifelter Beruhigungsmaßnahmen muss er das Kind kurz alleine lassen und in einen anderen Raum gehen, um dort seiner Verzweiflung in Form eines ebenfalls ohrenbetäubenden Geschreis Ausdruck zu verleihen. Als er wiederkommt hat er endlich die Eingebung: es könnte Hunger haben. Und siehe da: es hatte Hunger. Nach der darauf folgenden Flasche lief die restliche Zeit ebenfalls wieder wie am Schnürchen.

Einfach mal machen

Ich glaube, dass dieser Vater in dem Moment einfach zu viel nachgedacht hat. Das könnte der Fehler gewesen sein. Aus Erfahrung weiß ich mittlerweile, dass es überwiegend ein Schrei nach Essen ist. Also ist es für mich immer erstmal das naheliegendste. Wenn die frisch angerichtete Milch auch keine Ruhe in die Bude bringt kann man sich weiterführende Gedanken machen. 

Einschränkend muss ich aber dazu sagen, dass es völlig normal ist, wenn man sich, gerade kurz nach der Geburt, eher ein paar Gedanken zu viel als zu wenig macht. Wie oft haben meine Frau und ich ratlos vor unserer Tochter gestanden, wenn sie wie am Spieß gebrüllt hat und durch eine Milchflasche einfach nicht zu beruhigen war? Nicht oft, Gott sei Dank. Denn, wie ich bereits in einem anderen Blog-Eintrag angemerkt habe, haben wir ein echtes Einsteigerkind erwischt. Trotzdem waren wir auch ab und zu echt ratlos. Dann hat weder Milch, noch kuscheln, noch singen, noch schaukeln, noch laufen, noch sonst was geholfen.

Mittlerweile wissen wir als Eltern, und auch ich als Papa, häufig intuitiv, wo gerade das Problem liegt. Und dieser Intuition, die meiner Meinung nach jeder Papa und jede Mama hat, sollten insbesondere wir Väter wieder viel mehr vertrauen.

Wie läuft das bei euch?

Könnt und wollt ihr Väter auch alleine Zeit mit dem geliebten Nachwuchs verbringen? Oder ist es euch lieber, die Mama quasi als Backup ständig verfügbar zu haben? Gibt es vielleicht gute Gründe, warum ihr euch nicht sicher fühlt, wenn ihr alleine mit dem Kind seid?
Wie sehen das die Mütter? Traut ihr euren Partnern zu, das Kind von A - Z (ohne S wie Stillen) zu versorgen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Ich bin gespannt.

Am End'

Was soll großartig schief gehen, so lange man nicht fahrlässig handelt. Genau, eigentlich nix. Vertraut euch, eurer Vaterrolle und der Tatsache, dass die Mama ja im Normalfall auch irgendwann wieder nach Hause kommt. Dann wird alles wieder gut.

2 Kommentare:

  1. Bei uns war das weniger ein Problem. Nicht nur in den 2 Monaten Elternzeit, die ich nahm, sondern spätestens als meine Frau recht früh wieder anfing zu arbeiten (bereits in der Elternzeit auf Ehrenamt). Da war ich zwangsläufig mit unserem Sohn alleine. Hat auch immer gut geklappt. Teilweise sogar besser als bei der Mutter (halt ein "Papa-Kind" durch und durch). Haben uns auch immer viel abgesprochen. Vielleicht kommts aber auch durch den Beruf. Immerhin versorge ich da auch Kinder und junge Erwachsene - da gab es schon oft Parallelen.
    Nun ist er seit gestern 2 Jahre und begleitet mich schon zu meinen Fotoshootings (Hobby).

    Übrigens glaub ich, dass dieses Phänomen des "Papa-Kindes" auch daher rührt, dass wir Papas seltener da sind. Mama ist oft einfach selbstverständlich. Deswegen freut Kind sich nicht sooo sehr sie zu sehen etc.
    So gesehen vielleicht ein Vorteil, dass wir meist mehr arbeiten sind.

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    1. Hi Dominik,

      das ist ein interessanter Aspekt. Papa ist, ohne das jetzt überzubewerten, was besonderes, weil häufig weniger da. Find ich aber cool, dass dein Kleiner schon so einbezogen wird. Mach ich bei unserer Tochter auch. Die "hilft" mir auch schon bei allem möglichen.
      Was den Beruf angeht, sehe ich das genau so. Papas aus sozialen Berufen könnten allein schon daher leichte Vorteile haben.

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